Kriegsnagelungen

Nagelfigur "Karl der Große"

Vorlage  Dürer Karl der GroßePostkarte Karl der Große

Gemälde "Karl der Große" von Albrecht Dürer  —  Spendenpostkarte für die Nagelfigur von 1915Vorlage für die Nagelfigur:

  • Gegenstand: Nagelfigur / Kriegsnagelung
  • Maße/Gewicht: 2,70 m hoch; ca. 500 kg
  • Künstler: Heinrich Wulfertange (1854-1924) nach einem Gemälde von Albrecht Dürer.
  • Auftraggeber: Deutsches Rotes Kreuz (DRK) Osnabrück
  • Zweck: Benagelung für Spendenzwecke; die Spenden waren für einen Hilfsfonds für
  • Krieger-Witwen und Kriegswaisen gedacht
  • Idee: Spender können Nägel in die Figur schlagen und sie so panzern. Für jeden
  • Nagel muss eine Spende gegeben werden; Nagellöcher folgen einem Muster
  • Erfolg: ca. 30 000 Nägel; bis November 1915 117.000 Mark Spenden;
  • einfacher Nagel 50 Pfennig, vergoldete Ausführung bis 1000 Mark


Aufstellungsorte:

  • 1915 Theater am Domhof; "Eisernes Jahr"
  • 1919Rathaus der Stadt Osnabrück
  • 1920 - 1970 unbekannt
  • 70er Jahre oder früher Backhaus-Realschule Osnabrück; Edelmetall-Nägel waren schon gezogen
  • 70er Jahre Umzug in das Rathaus in Hollage; Gemeindedirektor Hugo Pott (Hollage)
  • und Heimatbund-Vorsitzender Kaspar Müller retten die Figur, die entsorgt
  • werden sollte; Ersatz der verlorenen Hand und Restaurierung.
  • ab 1994 Wechsel in das neue Rathaus nach Wallenhorst


Zusammengestellt von: Pinar Avci — Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 03.08.2009)


Die Eiserne Kanone von Stambul

Die Geschichte des „Wohltätigkeits-Mörsers“ in Istanbul

Die Eiserne Kanone von Stambul – ein Werbegeschenk

1915, das 2. Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges, wurde von den Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn zum „Eisernen Jahr“ erklärt. Der Krieg war nicht so „kurz, schnell und sauber“, wie sich ihn viele vorgestellt hatten. Die erste Kriegsbegeisterung der Menschen war merklich abgekühlt. Es wurde deutlich, dass lange verlustreiche Zeiten bevorstanden. Auf den Straßen der Heimat wurden zunehmend die Opfer des Krieges sichtbar: Verwundete und Verkrüppelte. Durch besondere Aktionen versuchte man deshalb, die Wehrkraft in der Bevölkerung zu steigern oder aufrecht zu erhalten.

An vielen Orten in Deutschland und Österreich begannen die sogenannten Kriegsnagelungen. Dabei wurden zu Wohltätigkeitszwecken Nägel in Statuen oder bemalte Holzbretter geschlagen.

Die bekanntesten Nagelfiguren waren der „Wehrmann in Eisen“ in Wien und der über 12 m hohe und 26 t schwere „Eiserne Hindenburg“ in Berlin. In Osnabrück konnte ein 2,70 m hohes Holzstandbild benagelt werden, das Kaiser Karl den Großen darstellte. Gegen eine Geldspende erhielt man Nägel, die man an vorgegebenen Stellen in die Figur einschlagen durfte. Begleitet und unterstützt wurden die Aktionen durch den Verkauf von Postkarten, Medaillen und Nagelscheinen. Der Erlös der Nagelaktionen war häufig für die Versorgung von Kriegsversehrten und Kriegshinterbliebenen bestimmt.

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Abb.: Nagelschein zur „Erinnerung an eine Kriegsnagelung zum Besten des Roten Halbmondes“ in Eilenburg/Thüringen


Im Vordergrund stand aber der Gedanke, durch die Nagelungen den Kriegswillen der Bevölkerung zu erhalten und zu stärken. Außerhalb Deutschlands und Österreich-Ungarns gab es die Kriegsnagelungen nur selten. In den USA benagelten deutsche Einwanderer-Vereine in Baltimore und San Francisco deutsch-vaterländische Motive. Mit dem Kriegseintritt der USA am 6.4.1917 wurden diese Aktionen aber beendet. In der Türkei gab es vermutlich nur eine Kriegsnagelung: den am 12.April 1916 in Istanbul eingeweihten „Mörser in Eisen“„Eiserne Kanone“, in vielen Berichten auch als bezeichnet.

Ein frühes Foto dieses Objektes vom Tage der Einweihung findet sich in einer Beilage der Vossischen Zeitung aus Berlin vom 13.4.1916.

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(Ausschnitt aus der Vossischen Zeitung vom 13.4.1916)


Bereits am 24.11.1915 berichtete der in deutscher Sprache herausgegebene „Westungarische Grenzbote“ über die Pläne für eine Kriegsnagelung im Istanbuler Stadtteil Pera (Beyoglu):

Wie aus Pera gemeldet wird, erhält der Berliner Eiserne Hindenburg in Stambul ein Seitenstück in einer „Eisernen Kanone“, die dort auf einem geeigneten Platz aufgestellt werden soll. Ein Frauenkomitee zur Unterstützung von Soldatenfamilien lässt von dem Geschütz, das am 18.März, dem Tage, an dem die englischen Schlachtschiffe „Irresistible“ und „Ozean“ sowie das französische Linienschiff „Bouvet“ vor den Dardanellen versenkt wurden, die erfolgreichsten Geschosse abgefeuert hat, ein hölzernes Abbild machen, das benagelt werden soll.“

Zur Einweihung der Kanone am 12.April 1916 schrieb das Neue Wiener Tageblatt unter der Schlagzeile „Einweihung eines Wohltätigkeitsmörsers in Konstantinopel“:

Heute fand die feierliche Enthüllung des auf dem Bayazidplatz in Stambul aufgestellten „Mörsers in Eisen“ statt, der nach Art des Wiener „Wehrmann in Eisen“ und der Berliner Hindenburgstatue zugunsten verarmter Familien und Soldaten benagelt werden soll. (...) Kriegsminister Enver-Pascha setzte in einer kurzen Ansprache den Zweck des zum Andenken an den großen türkischen Sieg in den Dardanellen am 18.März 1915 errichteten Werkes auseinander und nahm sodann die Enthüllung vor.(...) Der in Holz ausgeführte Mörser ist eine Spende der Skoda-Werke.“

In beiden Artikeln wird der Eindruck erweckt, es seien österreichisch-ungarische Skoda-Geschütze gewesen, die zum Sieg der Osmanen am 18.3.1915 maßgeblich beigetragen hätten. Tatsächlich sanken alle drei genannten Schiffe (Irresistible, Ocean und Bouvet), weil sie auf Minen aufliefen, die der osmanische Minenleger Nusret wenige Tage zuvor in der Bucht von Erenkoy gelegt hatte. Dass 30.5-cm-Mörser von Skoda während des Flottenangriffs auf die Dardanellen am 18.3.1915 im Einsatz waren, ist eher unwahrscheinlich, zumal sie für den Kampf gegen bewegliche Ziele wie Schiffe kaum geeignet sind. Auch für den gesamten Zeitraum des Gallipoli-Feldzuges gibt es keinen Hinweis auf die Verwendung dieser Waffe. Eine erste österreichisch-ungarische Artillerieeinheit mit 24-cm-Haubitzen des Typs M 98 von Skoda traf erst am 25.November 1915 im Gebiet um Ariburnu auf der Halbinsel Gallipoli ein, also kurz vor dem Abzug der alliierten Truppen von der Halbinsel. Eine 15-cm-Haubitzbatterie folgte 4 Wochen später und wurde im gleichen Frontabschnitt eingesetzt.

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Abb.: Österreichisch-ungarische 24-cm-Haubitze auf Gallipoli

Interessant ist dagegen der Hinweis auf den Spender des Mörsers aus Holz, die Skoda-Werke in Pilsen. Der kurz vor Kriegsbeginn neu entwickelte 30.5-cm-Belagerungsmörser M 11/16 war ein Spitzenprodukt der österreichisch-ungarischen Waffenindustrie. Bei diesem Geschenk ging es Skoda deshalb weniger um die Erinnerung an die Befreiung der Dardanellen, um Menschenfreundlichkeit oder wohltätige Zwecke. Im Vordergrund stand vielmehr die Werbung für die eigene Waffenproduktion. Das wird in einem Artikel des Pester Loyd deutlich, einer in Budapest erscheinenden Tageszeitung. Die Zeitung hebt in ihrer Ausgabe vom 16.5.1916 hervor:

Erfreulich ist es, dass sich in diesem Wahrzeichen nicht nur ein Akt der Humanität verkörpert, sondern auch die Überlegenheit der österreichischen Geschützindustrie und der ruhmvolle Anteil der österreichisch-ungarischen Artillerie an der Befreiung der Dardanellen für immerwährende Zeiten versinnbildlicht ist.“

Tatsächlich liefen die Rüstungsgeschäfte mit dem Osmanischen Reich für alle europäischen Mächte schon seit Jahrzehnten sehr gut, da es dort keine entwickelte Waffenproduktion gab. Während es zunächst vor allem die Briten und der französische Rüstungshersteller Creuset waren, die die Osmanen belieferten, hatte mit der Zeit die deutsche Firma Krupp große Anteile an dem Geschäft für sich gewinnen können. So lieferte Krupp schon vor dem Krieg schwere 24-cm-Kanonen für die osmanischen Verteidigungsanlagen. Die österreichisch-ungarischen Verbündeten wollten bei den wirtschaftlich lohnenden Waffenlieferungen den Anschluss nicht verlieren. Die Skoda-Werke, die 1915 bereits 72 Gebirgskanonen und 48 Gebirgshaubitzen geliefert hatten, schlossen wenige Monate nach der Aufstellung der Eisernen Kanone von Stambul einen weiteren Vertrag über 72 Geschütze ab. 1916 verkauften sie mindestens 200 Geschütze verschiedener Kaliber an das Osmanische Reich.

Der 30.5-cm-Mörser M 11/16 von Skoda – Vorbild für die Eiserne Kanone von Stambul

Geschütz ist der Oberbegriff für Kanone, Haubitze und Mörser. Die Geschützformen unterscheiden sich vor allem in der unterschiedlichen Flugbahn ihrer Geschosse. Kanonen schießen auf direkt sichtbare Ziele im sogenannten „Flachfeuer“, also mit einer flachen Bogenbahn. Mörser sind Steilfeuergeschütze, die ihre Geschosse (Granaten mit Sprengkopf) aus einer verdeckten Stellung in einer steilen Bogenbahn ins Ziel bringen. Haubitzen können sowohl direkt im Flachfeuer als auch im Steilfeuer schießen.

Die „Kanone von Stambul“ ist die Nachbildung eines 30.5-cm-Belagerungsmörsers M 11/16 von Skoda.

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(Abbildung: Original eines 30.5 cm Mörsers von Skoda; Militärmuseum Belgrad)

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Der 30.5-cm-Mörser M 11/16 wurde von den Skoda-Werken in Pilsen (heute Tschechien) 1911 entwickelt und 1916 modernisiert. Insgesamt wurden von Skoda 72 Mörser der Typen M 11 und M 16 geliefert. Konstruiert als „Belagerungsmörser“, sollte er schwer gepanzerte Festungen zerstören. Für den Kampf gegen schnell bewegliche Ziele, zum Beispiel Schiffe, war der Mörser kaum geeignet. Transportiert wurde die 25 t schwere Waffe in 3 Teilen (Rohr, Unterbau und Räderteil). Die für den M 16 verwendeten Zugmaschinen stammten von dem Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche. Der Aufbau des Mörsers dauerte mindestens 6 Stunden, bei schwieriger Beschaffenheit des Bodens bis zu 3 Tagen. Die Granaten hatten ein Gewicht von 385 kg und waren mit 40 kg TNT - Sprengstoff gefüllt. Es gab Stahlgranaten gegen Hartziele wie Befestigungsanlagen und Granaten für den Einsatz gegen sogenannte „Weichziele“, also Menschenansammlungen. Spezielle Granatschrapnells explodierten kurz vor dem Ziel nach vorn und stießen dabei eine Treibladung aus Metallkugeln mit großer Streuwirkung aus. Haubitzen und Mörser verschießen Granaten im Steilfeuer, also in einem stark gekrümmten Bogen. Der 30.5-Mörser konnte aus einer für den Gegner nicht direkt sichtbaren Stellung in einem fast 5 km hohen Bogen auf sein Ziel feuern. Die höchste Reichweite betrug etwa 12 km.


(Abbildung: Spreng-Granate des 30.5-cm-Mörsers )

In Anlehnung an das noch schwerere deutsche 42 cm Krupp-Geschütz „ Dicke Berta“ bekam der von Skoda gebaute 30.5-cm-Mörser den Namen „Schlanke Emma“.

Die Eiserne Kanone von Stambul und ihre Aufstellung

Die Eiserne Kanone von Stambul ist eine hölzerne Nachbildung des 30.5 cm Mörsers der Skoda-Werke. Sie besteht fast vollständig aus Holz.

Das Modell in Originalgröße wurde nur wenige Monate nach dem für die Osmanen erfolgreichen Ende der Schlacht von Gallipoli am 12.April 1916 auf dem Beyazit-Platz (Beyazit Meydani) in Istanbul aufgestellt. Dort befand sich bis 1923 der Hauptsitz des osmanischen Kriegsministeriums. Heute ist das 1865-1866 von dem französischen Architekten Bourgeis errichtete Gebäude das Rektorat der Universität Istanbul.

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Abb.: Der Beyazit-Platz um 1910

Die Zeitungen berichteten über die Einweihung der Statue. Fast alle führenden Würdenträger des osmanischen Reiches waren daran beteiligt: die Prinzen Abdul Medjid, Zia ed Din und Omer Hilmi, der Großwesir und sämtliche türkischen Minister. Weiter war der Scheich ul Islam Essad Effendi anwesend, der höchste muslimische Rechtsgelehrte Istanbuls. 1915 hatte er einen Fetwa gegen die Alliierten ausgesprochen. Darin wurden Frankreich, Großbritannien und Russland als Feinde des Islam genannt und jedem Moslem die Pflicht auferlegt, gegen sie zu kämpfen.

Österreich-Ungarn war mit dem Botschafter Pallavicini und dem Grafen Csekonics vertreten, Deutschland mit dem Botschafter Graf Wolff-Metternich und dem Baron Neurath, Bulgarien durch den Botschaftsvertreter Dobrew. Hinzu kamen die militärischen Vertreter der verbündeten Staaten, Generalmajor von Pomiankowski und Major von Lauppert für Österreich-Ungarn, sowie der deutsche und der bulgarische Militärattache. Der Kriegsminister Enver Pascha erläuterte in seiner Ansprache noch einmal den Grund für Aufstellung der Kanone. Sie sei ein Andenken an „den großen türkischen Sieg in den Dardanellen am 18.3.1915“. Hier wurde also ausdrücklich Bezug auf die Schlacht von Gallipoli genommen. Dann enthüllte Enver Pascha das mit einem schwarzen Tuch verdeckte Holzmodell. Unter dem Klang der Nationalhymnen der verbündeten Staaten wurde mit der Benagelung begonnen. Den ersten Nagel schlug der Großwesir im Namen des Sultans ein.

Für diesen „goldenen“ Nagel spendete der Sultan offiziell 300 türkische Pfund, eine für damalige Verhältnisse hohe Summe. Der Kronprinz spendete weitere 150 Pfund. Ihm folgten die Botschafter Österreich-Ungarns und Deutschlands im Namen ihrer Kaiser und verbunden mit einer Spende von jeweils 200 Pfund und schließlich der bulgarische Geschäftsträger im Namen seines Königs Ferdinand (mit einem „namhaften Betrag“). Muslimische Geistliche (Hodschas) beteiligten sich ebenfalls an der Benagelung der Kanone.

Abb.: Hodschas (erkennbar am weißen Turban) schlagen Nägel in die Eiserne Kanone. 

Auf dem Foto sind weiter deutsche, östereichische und bulgarische Offiziere zu sehen.

Die Eiserne Kanone von Stambul ging nach dem Krieg nicht verloren.

Sie kann heute in einem der Schausäle des Türkischen Militärmuseums in Istanbul-Harbyie besichtigt werden.


Schulnagelungen in Deutschland

Kriegsnagelungen

Das Jahr 1915 war das zweite Kriegsjahr im 1. Weltkrieg. Es zeigte den Menschen in allen beteiligten Ländern, dass noch viel Elend vor ihnen liegen würde. Der schnelle, saubere und ritterliche Krieg, den man sich vorgestellt hatte und den sich manche sogar gewünscht hatten, war in Grabenkämpfen steckengeblieben, bei denen Hunderttausende starben. Keine Seite konnte dabei einen entscheidenden Vorteil erzielen. Trotzdem war die Siegesgewissheit in Deutschland und Österreich-Ungarn noch sehr hoch. Die Mehrheit glaubte fest daran, dass man den Krieg gewinnen würde. Andererseits erhielten immer häufiger Familien die Nachricht vom Tod des Vaters, des Bruders oder des Sohnes. Immer mehr Frauen wurden Kriegerwitwen, immer mehr Kinder wurden Kriegswaisen. Immer öfter sah man auf den Straßen verwundete und kriegsversehrte Menschen. Der Staat hatte nicht genügend Geld, um allen zu helfen. Deshalb führten das Rote Kreuz und viele andere Organisationen Geld-Sammlungen durch. Besonders erfolgreich waren die sogenannten Nagelaktionen. Gegen eine Spende konnten in eine Figur oder in eine Zeichnung auf einer Holztafel Nägel eingeschlagen werden, die zusammen ein Muster bildeten. In Osnabrück-Haste war es ein Eisernes Kreuz (28.11.1915), in Bramsche das Stadtwappen, die Rose.Es gab goldene, silberne und schwarze (eiserne) Nägel. Die teuersten Nägel kosteten 50 Goldmark, die billigsten 50 Pfennig. Die erste Nagelfigur war der Wehrmann in Eisen in der Stadt Wien. Er wurde am 6.3.1915 aufgestellt und benagelt. Es folgten viele weitere Figuren, vor allem in Deutschland und Österreich, aber auch in deutschen Vereinen in den USA (Baltimore, San Francisco) und in einem Fall in der Türkei (Istanbul).

  • In Istanbul wurde die "Eiserne Kanone von Stambul " aufgestellt.
  • In Osnabrück entstand die Nagelfigur "Karl der Große".

Oft wurden auch Kreuze, Schilder oder Stadtwappen benagelt. An diesen Nagelungen nahmen Menschen aller Altersgruppen und aller Gesellschaftsschichten teil, Reiche und Arme, Alte und Junge, Arbeiter und Professoren. Manchmal gingen ganze Firmenbelegschaften oder Vereine gemeinsam zu solchen Veranstaltungen.

Kriegsnagelungen in der Schule

Weil die Aktionen so erfolgreich waren, begann man ab 1916 damit, Kriegsnagelungen in den Schulen durchzuführen. Auch hier war die Beteiligung sehr groß. Damals gab es nur sehr wenige ausländischen Kinder oder Jugendliche an deutschen Schulen. Alle waren begeistert von der starken deutschen Armee und verfolgten die Nachrichten von den großen Siegen der deutschen Truppen in Russland und in Frankreich. Sie waren stolz auf die Soldaten, und die Jungen wollten am liebsten gleich mitkämpfen. Sie glaubten, der Krieg wäre ein großes Abenteuer und sie seien unverwundbar. Wahrscheinlich haben die meisten der ungefähr 6 Millionen Schulkinder in Deutschland mindestens einmal während ihrer Schulzeit Nägel in ein Nagelschild oder eine Nagelfigur geschlagen.

Die Nagelungen in den Schulen wurden wie ein großes Fest gestaltet. Es gab Reden darüber, wie ehrenvoll es sei, für das Vaterland zu sterben. Es wurden Soldatenlieder gesungen und Fahnen geschwenkt. Dann gingen die Kinder mit ihren Lehrern zum Nagelbrett oder zur Nagelfigur und schlugen ihre gekauften Nägel ein. Das war ein besonders feierlicher Moment und die Kinder waren begeistert. Sie sollten das Gefühl bekommen, zur großen deutschen Volksgemeinschaft zu gehören. So konnten sie sich wie Kämpfer für Deutschland fühlen.

Während des Krieges wurden mit den Schulnagelungen mehrere Millionen Reichsmark eingenommen. Als Verwendungszweck gaben die Veranstalter an, dass das Geld für Krieger-Witwen und für Kriegs-Waisenkinder verwendet würde. Ob das wirklich immer so war, ist aber nicht nachzuweisen.

Durchführung der Schulnagelungen:

Die Schulen bekamen von einem Jugendspendeverein ein lackiertes Brett, auf das ein Bild vorgemalt war. Die Vorlagen für das Bildmotiv stammten von Künstlern. Das Motiv konnte ein Eisernes Kreuz zeigen, einen Löwen, ein Schwert, ein Kriegsschiff oder Flugzeug, ein Adler, eine Krone oder ein Wappen. Am Rand standen Sprüche wie "Deutschland wurde nie besiegt, wenn es einig war." , "Durch Not und Tod zum Sieg", "Gott mit uns" oder "In Treue fest". Zusammen mit den Vorlagebrettern wurde eine Anleitung, ein Hammer, ein Vorlocher und ein Nagelkasten geschickt. Die Schulen mussten dafür nichts bezahlen. Den Erlös aus der Nagelaktion mussten sie aber an den Spendeverein überweisen. Die Schüler konnten dann für 2 bis 5 Pfennig einen Nagel oder mehrere Nägel kaufen und auf die vorgelochten Stellen auf das Brett nageln. So entstand ein "eisernes" Bild. Für etwa 10 Pfennig extra konnten die Schüler zusätzlich eine Postkarte kaufen, auf der das fertige Nagelbild abgebildet war.



Quellen:

Dr. Dietlinde Munzel-Everling Kriegsnagelungen, Wiesbaden 2008

Dr. Dietlinde Munzel-Everling Kriegsnagelungen in Schulen, Wiesbaden 2010

Wikipedia: "Wehrmann in Eisen"

www.kriegsnagelungen.de

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